Der Aufschwung wird enden. Nur wann?

Die US-Wirtschaft feiert gerade die längste Bullenrallye ihrer Geschichte. Auch der deutschen Wirtschaft geht es seit rekordverächtig langer Zeit gut.

Nur wird der Aufschwung einmal ein Ende haben. Nur wann?

Zur Beurteilung dieser Frage stellt sich dummerweise oft einer von zwei Denkfehler ein.

In dem einen Fall denken wir: „Die Strähne dauert schon so lange an, die muss jetzt abreissen!“ Dann laufen wir Gefahr, zu früh aus der Rallye auszusteigen und große Gewinne zu verpassen.

Und der andere ist ironischerweise der Gedanke: „Die Entwicklung dauert jetzt schon so lange, das geht immer so weiter!“ Und laufen so irgendwann ins offene Messer.

In beiden Fällen sind die Überlegungen sind nur scheinbar rational, in Wirklichkeit aber hoch emotional. Sie hängen davon ab, ob wir dazu neigen, optimistisch oder pessimistisch zu sein. Mit der tatsächlichen Wahrscheinlichkeit der zukünftigen Entwicklung haben sie nichts zu tun.

Das gleiche Phänomen wird regelmäßig Glücksspielern zum Verhängnis: im Spielcasino kommen sie an einen Black Jack- oder Roulette-Tisch und sehen, das eine ganze Weile eine Serie hält. Und wetten dann mit oder gegen sie.

Dabei ist die Wahrscheinlichkeit für jeden Würfelwurf immer gleich, egal wie oft zuvor gerade oder ungerade, schwarz oder rot geworfen wurde.

So ist es auch mit der Dauer des Aufschwungs. Die betrachtete Zeit ist reiner Zufall, sie sagt nichts über die weitere Entwicklung voraus.

Das heißt aber nicht, dass eine Prognose unmöglich wäre. Sie ist nur recht schwierig. Die Dauerniedrigzinsen, vor allem in Japan und Europa können noch für lange Zeit für eine künstliche erhöhte Konjunktur sorgen. Viele Staaten und verschuldete Unternehmen profitieren stark, denn sie müssen für ihre Kredite erheblich weniger zahlen als jemals zuvor. Die Schattenseite ist freilich, dass die Verschuldung vielerorts bereits weit über ein gesundes Maß hinausgegangen ist und eine Rückkehr zu normalen Dimensionen ausgesprochen schmerzhaft werden wird, für wen auch immer (Schuldner oder Gläubiger?). Zombie-Unternehmen, die mangels Konkurrenzfähigkeit längst hätten vom Markt verschwinden müssen werden so am Leben erhalten und verzerren den Wettbewerb. Anlegern fehlen die Optionen und so füttern sie Blasen an Aktien- oder Immobilienmärkten. Nur wie lange all das noch dauern wird, das ist nicht vorhersagbar.

Sicher ist nur, dass die Digitalisierung unsere Lebensweisen so stark verändern wird wie dereinst die erste industrielle Revolution. Aber so abhängig wir bereits von unseren Smartphones sind, so stehen wir doch gerade erst am Anfang dieser Epoche. Die wirklichen Produktivitätsfortschritte und tiefgreifenden Veränderungen haben sich entweder noch kaum merklich oder eben noch nicht eingestellt. Aber alle Industrien, die hiermit verbunden sind, von der IT- über die Beratungsindustrie und den großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften über die produzierende Wirtschaft bis hin zum Gesundheitssektor, haben noch ein gewaltiges Wachstumspotential. Nur wann dies verwirklicht wird, auch das ist kaum absehbar.

Der kluge Unternehmer und Anleger bereitet sich vor, indem er diversifiziert. In Sektoren investiert, die voneinander unabhängig sind. Bei denen der eine Bereich typischerweise hoch geht, wenn der andere fällt. Und er verschiesst nie sein ganzes Pulver.