Die Querdenker-Schizophrenie

Unternehmen, die in ihrer Organisation den Wandel anstoßen wollen, suchen oft frisches Blut, jemand, der neue Ideen einbringt, Althergebrachtes hinterfragt, kreative Unruhe verursacht, eingefahrene Wege verlässt, an zementierten Hierarchien rüttelt. Also sollen Querdenker her.

Nötig ist das in nahezu allen Unternehmen, zu schnelllebig, volatil und unberechenbar-diffus sind Märkte und Politik geworden. Freilich hat auch das Bewährte seinen Wert und selten muss es gleich eine Revolution sein.
Doch die Realität ist meist weit davon entfernt, dass neue Kräfte von innen groß etwas bewirken könnten.
Zu groß sind die Beharrungskräfte, zu stark die Lobby der (Ewig)Gestrigen, zu mächtig sind die Besitzstandswahrer.
Schnell wird da aus dem Querdenker und Hoffnungsträger der Querulant und Versager.

Der Fehler wird dann in der Personalie gesucht – er/sie war dann ein „Ikarus“, als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet. Oder der Headhunter war schuld, hat „schlechtes Material“ geliefert.

Vermutlich hat aber in einem solchen Betrieb niemand auch nur den Hauch einer Chance, der nicht von vorneherein die volle, ausdrückliche und permanente Unterstützung des Vorstandsvorsitzenden genießt. Oder, wenn es sich bei dem Querdenker um den Vorstand selbst handelt, der Aufsichtsrat sie/ihn mit allen erforderlichen Kompetenzen ausstattet.

Genau hier liegt dann der Hase im Pfeffer. Die Neue wird – nicht selten noch für teures Geld – geholt, und dann mutterseelenallein gelassen. Wer eine Spitzenkraft holt, um Wandel anzustoßen, und diese dann mit ihrer Herkulesaufgabe alleine verhungern lässt, handelt schizophren.

Wer also ein schönes Omelett haben will, muss dem Koch dann auch erlauben, entsprechend Eier zu zerschlagen.